Die Maksimilianowskaja Straße
Die Maksimilianowskaja Straße ist eine der Straßen Charkows, die einen bedeutenden Teil ihrer alten Gebäude behalten hat. Jedoch muss man darauf hinweisen, dass die meisten davon um einige Etagen aufgestockt sind, was ihren ursprünglichen Antlitz gewiß verändert hat. Die Straße selbst wurde 1891 gegründet, als der Hofrat Maximilian Karlowitsch Raupach auf solche Weise seinen Namen zu verewigen beschloss.
Vor dem Umzug nach Charkow im Jahre 1886 besaß Maximilian Raupach ein Landgut in der Ortschaft Karlowka des Gouvernements Poltawa, diente in der Armee als Militärtärarzt. Nach dem Eintritt in den Ruhestand wechelte er in den Zivildienst und diente eine Zeit lang als Veterinär in Charkow. Der Sohn von Raupach, German (geb. 1864), schloss im Jahre 1882 die Petrowskij Kadettenanstalt in Poltawa ab. Er war Träger des Sankt-Stanislaus-Ordens und des Ordens der Heiligen Olga der 2. Stufe und führte im Rang eines Obersten das 8. Estländische Infanterieregiment im Ersten Weltkrieg an. Aber noch vor dem Kriegsende trat er wegen einer Krankheit im Rang eines Generalmajors in den Ruhestand. Die Tochter Berta (geb. 1863) wohnte in Charkow noch in den Besatzungsjahren 1941-1943 in der Mironosizkaja Straße, Hausnummer 18. Doch das weitere Schicksal seiner Kinder ist unbekannt.
1890 kauften Maximilian Raupach und seine Frau Julia Christianowna (geb. Helferich) beim Kaufmann Wassilij Eismann und Rittmeister Nikolaj Mandrykin zwei große leer stehende Grundstücke von der Deutschen Straße bis zur Technologitscheskaja Straße. Der städtische Landvermesser Michail Schewzow stellte im selben jahr einen Plan zusammen, und im folgenden Jahr bewilligte der Stadtrat mit seinem Beschluss die Gründung einer neuen Straße. Für die Straße bestimmte die Familie Raupach 1415 Quadratfaden, und das restliche Land teilten sie in Grundstücke, um sie dann zum Verkauf anzubieten. Noch 1895 gehörten sie alle der Familie Raupach und wurden schon nach dem Tod von Maximilian Raupach verkauft.
Die ersten Hausbesitzer in der Maksimilianowskaja Straße waren der Charkower Kaufmann der 1. Gilde Hermann Chtistianowitsch Helferich und Erbehrenbürgerin Marija Dmitrijewna Hahn. Ihre Hausbesitze waren in der Deutschen Straße (Puschkinskaja) verzeichnet. Gegen 1901 gehörten der Witwe Raupach nur fünf Grundstücke auf der ungeraden Seite der Straße, die anderen schafften Bürger der Stadt Charkow sowie Beamten von Lehranstalten und anderen Einrichtungen unserer Stadt an.
Hermann Helferich ließ sein zweistöckiges Steinhaus im Jahre 1896 nach dem Plan des Dozenten für Bauplanung an der Charkower Technologischen Hochschule Sergej Illiodorowitsch Sagoskin errichten. Es ist bis heute erhalten geblieben und ist um zwei Stockwerke gewachsen.
In der Maksimilianowskaja Straße wurden einige Gebäude nach den Plänen des Architekten Julij Semjonowitsch Zaune gebaut. Zwei davon sind erhalten geblieben auch mit Verlüsten und Umbaumaßnahmen, aber für unser Album ist eines davon zweifellos von Interesse, das Haus Nummer 9, das der Familie Meshlauk gehörte.
1897 kaufte die Frau des Kollegienrats Iwan Martynowitsch Meshlauk, Rosa Morizowna , geborene Schiller, eines der Grundstücke bei der Witwe Raupach. Iwan Meshlauk stammte aus livländischen Adeligen, schloss die Universität Leipzig ab und zog um 1886 nach Charkow. Er diente als Lehrer für Alte Sprachen zuerst am Ersten Jungengymnasium, dann am Dritten Jungengymnasium. Die Familie Meshlauk wohnte in der Rymarskaja Straße, dann in der Sumskaja Straße und einige Jahre lang in der Podgornaja Straße und träumte ständig von einem eigenen Haus.
Im Herbst 1897 stellte Rosa Morizowna ein Gesuch über die Baugenehmigung für ein zweistöckiges Steinhaus mit Keller und Wirtschaftsgebäuden nach dem Plan des Architekten Julij Semjonowitsch Zaune. Das Haus war ein U-förmiges Gebäude, dessen Fassade sich nicht an der Straßenfluchtlinie, sondern in der Tiefe des Grundstücks befand. Die Fassade stellt ein kleines Schloss dar, geschmückt mit einem wunderschönen Ornament, über dem Hauseingang ragte ein feiner Aufbau und eine Schmiedespitze empor, in dem sich das Monogramm von Iwan Meshlauk erahnen ließ. Das hohe Dach war mit nicht weniger feinen Schornsteinen, Dachfenstern und einem Ecktürmchen geschmückt.
Das Kellergeschoss befand sich nur unter einem Teil des Gebäudes und darin waren vier Keller, zwei Schuppen, ein Eiskeller, eine Wäscherei, ein Waschraum, ein Bügelraum und eine Hausknechtwohnung. In jedem Stock gab es zwei Wohnungen (in jeder Wohnung war eigene Küche, ein Bad und ein WC). Eine der Wohnungen im Erdgeschoss hatte eine Terrasse mit dem Ausgang zu einem kleinen Garten, und eine der Wohnungen in der ersten Etage hatte einen Balkon. Im Haus gab es Zentralwasserversorgung und Zentralstromversorgung. Geheizt wurde mit einigen Öfen und Kaminen. Selbstverständlich wohnten in einer der Wohnungen die Besitzer und die anderen wurden vermietet. Leider wurde die ganze Schönheit des Hauses in der Maksimilianowskaja Straße 9 in der Sowjetzeit vernichtet, und das Haus selbst ist um zwei Stockwerke gewachsen.
In den 1920er Jahren wurde die Maksimilianowskaja Starße zu Ehren des Bolschewiken Christian Rakowskij umbenannt, und als er zum Feind des Volkes erklärt wurde, gab man der Straße den Namen von Michail Olminskij. Ihren historischen Namen – Maksimilianowskaja wurde der Straße im Jahre 2015 wiederverliehen.